5. REISEBERICHT

Von Johannesburg nach Kapstadt,
15
. Jänner bis 11. Februar 2006

Nachdem Gerdi Richtung Wien abgeflogen ist, fahre ich nicht mehr weit. Interessanterweise geht am gleichen Tag mein Handy kaputt und wir können uns nicht einmal mehr sms-en.

Da ich schon genug Elefanten gesehen habe, lasse ich leichten Herzens den Krüger Park links liegen und begebe mich stattdessen auf geschotterten Nebenstrassen nach Südwesten Richtung Kapstadt. Zwischen endlosen eingezäunten Weidegebieten, durch wild romantische Täler erlebe ich das „pure Afrikaans back country“. Rein fahrerisch „orgasmic gravel travel“, da die Pisten eng, teilweise gewunden und durch traumhafte Landschaft führen.

Nichtsahnend erreiche ich Tarkastaat, eine Kleinstadt, die garantiert frei von Touristen ist, da vermutlich in keinem Reiseführer erwähnt. Trotzdem, ein Pfeil mit dem Campingplatz Symbol weist auf den Parkplatz der Rino-Bar. Ich trete ein, staubbedeckt, zerzaust und im Motorrandgewand und frage in der illustren Runde aus Einheimischen, die sich zum spätnachmittäglichen Umtrunk versammelt haben, nach dem Zeltplatz. Nein, nein „Wer bist Du, von wo kommst Du und überhaupt trink erst mal ein Bier mit uns!“ OK, nur äußerst widerwillig lasse ich mich überreden, und bevor ich mich versehe, bin ich auf einer Ranch eingeladen. Man sollte vielleicht erwähnen, dass die Ranch rund doppelt so groß wie Wien ist und allein die Zufahrt zum Farmhaus ca. 40km beträgt.

BBQ (Barbeque) ist angesagt und am nächsten Tag geht’s mit auf die Weide, um mit Land Cruiser, Pferden, Hunden und Fußfolk auf einer Weide gut 280 Rinder zusammenzutreiben. In einem Pferch werden die Jungbullen kastriert, den Jungweibchen die Hörner verödet und alle bekommen eine Impfung – ein Job, bei dem Körpereinsatz gefragt ist.



„Willst Du mal mit einem Jagdgewehr schießen?“ Da ich mit auf einem Game-Drive, einer privaten Safari durch das Farmland bin, will ich mir die Gelegenheit natürlich nicht entgehen lassen.

Als normaler Mitteleuropäer hat man ja nicht viel mit Feuerwaffen zu tun und Kaliber 416-Rigby hat mir bis dahin auch nicht viel gesagt. Heute weiß ich, das mit dieser Munition hauptsächlich auf Elefanten und Wasserbüffel geschossen wird. Stell Dir vor, der Schwergewichts Weltmeister Mike Thyson ist stink sauer weil er glaubt Du hast ihm seine Freundin ausgespannt und landet eine rechte Gerade auf Deiner Schulter. Das muß ganz ähnlich sein wie der Rückstoß dieser Flinte. Knall, Ohrensausen, die Knarre steht im 45 Grad Winkel in die Höhe und das Ziel, der honigmelonengroße Stein in 30m Entfernung hat sich in seine einzelnen Moleküle aufgelöst.

Die Reise geht weiter, nochmals an den Indischen Ozean. Vom Cowboy zum Beach Boy, das beschreibt es wohl am besten. In Jeffreys Bay ist das Publikum komplett anders als in den Winterberg Mountains. Coole Surfer mit Waschbrettbäuchen und Girls in knappen Bikinis, die jeden Palmers Prospekt wie einen Katalog für katholische Schulmädchenuniformen aussehen lassen. Statt Waschbrett schnappe ich mir ein kleines Surfbrett und habe endlos Spaß beim Boogie Boarden.

Ein letztes mal spanne ich die Kette. Der Spanner steht am Maximum, trotzdem hängt sie etwas schlaff und traurig zu Boden. Seit der Türkei hält sie und viel mehr kann ich ihr guten Gewissens nicht mehr zumuten. Aber für die berühmte Garden Route von Port Elisabeth nach Kapstadt reicht sie im wahrsten Sinne des Wortes „locker“.


In Betty’s Bay treffe ich Bruce, wir hatten uns in Äthiopien kennen gelernt, und er ist mittlerweile mitsamt Motorrad von Jordanien zurück geflogen. Praktischer Weise hat er eine Motorrad-Transportkiste über, die ihm ich gerne abkaufe. Kapstadt ist nur einen Tag entfernt. Paris – Dakar Profifahrer haben psychologische Unterstützung, wenn sie erkennen, dass sie ganz vorn im Feld und knapp vor dem Sieg sind. Bei mir tut’s auch eine herzliche Plauderei mit Menschen, den ich unterwegs kennenlerne.

Die ersten Speichen reißen hinten aus der lädierten Felge – eine Spätfolge der Schlaglochbekanntschaft im Sudan. Mit Kabelbindern sichere ich sie, damit sie sich nicht während der Fahrt irgendwie quer stellen können.

südlichster Punkt Afrikas

Cape Agulhas, der südlichste Punkt Afrikas – ein älterer Brite erkennt mein Kennzeichen und schüttelt mir schweigend, aber mit blitzenden Augen, die Hand.

Cape Agulhas

Kapstadt
Am 20. Jänner ist es soweit. Es ist unbeschreiblich. NICHTS kommt an das Gefühl heran, nach so einer verrückten, grandiosen, wunderbaren Reise in einer Stadt wie Cape Town anzukommen. Auf dem Highway, bei stahlblauem Himmel, klarer, sauberer Luft rolle ich Down Town ein, in einer Geste des Triumphes recke ich beide Arme zum Himmel und brülle vor Freude in den Helm. Wie oft im Leben hat man schon Freudentränen in den Augen? „One hour of crowded life is worth more than a life without a name“. Meine Aura muss so heftig gewesen sein, dass urplötzlich in der ganzen Stadt der Strom ausfällt. Freitag Nachmittag, Schönwetter, alle auf der Straße, um aus der Stadt zu kommen – und keine Ampel funktioniert. War lustig!

Kapstadt (Abblick Lion's Head)

Kapstadt hat viel zu bieten. Ob Straßenkünstler unten an der Waterfront, Night Life in der Long Street oder Möwen, die einem im Sturzflug von hinten das Sandwich aus der Hand klauen (ich gönn ihr den Triumph).

Water Front

Long Street

...

Zeit zum Lesen und um einer Wundinfektion vom Surfen, dem einzigen gesundheitlichen Problem der Reise, den Gar auszumachen.

Die ersten Speditionskontakte werden geknüpft und plötzlich brennt der Tafelberg ab! Ein Tourist hatte eine Zigarette aus dem Auto geworfen, was katastrophale Folgen hatte.




5 Helikopter sind tagelang mit Löschbomben geflogen und einige Häuser wurden Raub der Flammen.

Ein Ausflug zum Kap der guten Hoffnung darf natürlich auch nicht fehlen. Ein Restaurantbesitzer in Simons Town schenkt mir eine Flasche Rotwein, so begeistert ist er von dem Trip.

Die botanischen Gärten Kapstadts laden besonders im Sommer zum Lesen ein, die Stadt hat ein absolut sehenswertes Aquarium.

Beach #2 beherbergt Montag Abend Feuerkünstler und Picknick People bei Sonnenuntergang, der knapp 700m hohe Lions Head ist nicht nur eine perfekte kleine Bergwanderung, sondern bietet auch einen phantastischen Rundumblick auf die Stadt. Untergebracht bin ich in der Ashanti Lodge, einer alten Kolonialvilla, in deren Garten man günstig und nahe Down Town campieren kann.



Dann kommt das Mail von der Spedition mit der Info, dass die Ausfuhrverzollung des Motorrades erfolgen kann. Ein Mopped per Schiff nach Europa zu schicken ist nicht ganz so simpel wie einen Fahrschein für die Straßenbahn zu besorgen. Einmal noch Easy Rider Feeling auf dem Weg zur Spedition, Highway, Motordröhnen, Fahrtwind. Dann der Downgrade vom König der Landstrasse zum gemeinen Fußvolk.

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Kotflügel, Hinterrad, Vorderrad und Gabelholme werden ausgebaut, sogar ein Reifen muss von der Felge, Alu-Boxen abmontiert. Jedenfalls wird einen Tag geschraubt und gehämmert und schließlich ist das ganze Motorrad, samt einem Großteil des Materials in einer Holzkiste verstaut.

Mit einer Gruppe Freunden wird Abschied gefeiert und schließlich werde ich wie durch einen Sog aus Raum und Zeit zurück nach Wien katapultiert, wo mich überglücklich Freundin Gerdi, meine Eltern und Schwestern empfangen sollten.



Nachts, während des Fluges, zeigt der Info-Monitor des Airbus, dass wir ca. 300km nördlich von Karthoum sind. In der klaren Vollmondnacht blicke ich aus dem Fenster und erkenne wieder den Nil, wie er das Mondlicht reflektiert.

 

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4. Reisebericht: Mombasa-Johannesburg | 15.01.-11.02.2006 | Wolfgang Niescher | www.globebiker.com

1. Reisebericht: Wien-Kairo. 5500 km, 04.-20.10.2005 | Wolfgang Niesc–––––––––––––––her | ww w.globebiker.-<< zurück zur Afrikareise